Auch heimische Schützenvereine und –gesellschaften hatten sehr unter Corona zu leiden / In Nidda will man mit strengen Hygienekonzepten für Sicherheit sorgen. Ein Artikel von Erich Engel im Kreis-Anzeiger.
Groß war auch bei den heimischen Schützen die Enttäuschung, als beim Ausbruch der Pandemie der gesamte Schießsport zum Erliegen kam. Nicht nur die anstehenden Schießsportveranstaltungen mit großer traditioneller und kultureller Bedeutung, sondern auch die Rundenwettkämpfe und alle Meisterschaften, für die in langer Vorbereitungszeit intensiv trainiert worden war, fielen dem Lockdown zum Opfer.
Alle 22 Schützenvereine des Schützenbezirks 29 Büdingen waren davon betroffen gewesen. Die Schützenhäuser wurden dicht gemacht, die Sportwaffen gereinigt, gut eingeölt und in den Waffenschränken vorschriftsmäßig verstaut. Die Landessportleiter hatten alle Bezirksmeisterschaften abgesagt und damit konnte sich auch niemand für die Landes- oder Deutsche Meisterschaft qualifizieren. Wie in allen anderen Sportarten auch, waren die aktiven Sportschützen arg von der Maßnahme betroffen. Das Corona-Jahr 2020 hinterlässt bei den Vereinen und Gesellschaften des Schützenwesens, das als „immaterielles Kulturerbe“ der UNESCO anerkannt ist, große Lücken in den Analen und Statistiken der Vereinschronik. Fast überall ist es ein Jahr ohne neue Ritter, Prinzessinnen und Königsfamilien, ohne Schützenfeste und Ausmärsche. Traditionell findet der erste Ausmarsch im Bezirk bei der Niddaer Schützengesellschaft statt, in diesem Jahr konnte auch das Bezirksschützenfest in deren Hallen nicht durchgeführt werden.
Umso reger wurde nach den teilweisen Lockerungen nach mehr als zwei Monaten Ende Mai ein umfangreiches Hygienekonzept für die Wiederaufnahme des Trainings entwickelt. Die Schützengesellschaft Nidda nahm diese Angelegenheit sehr ernst und feilschte ein sicheres Konzept aus, das in strikten Regeln den Trainingsbetrieb wieder freigeben ließ. Dennoch bleiben die Vereinswaffen unter Verschluss, denn deren fortwährende, sichere Desinfektion konnte nicht gewährleistet werden.
Die restriktiven Maßnahmen wurden dann in den Sommerferien noch einmal verschärft, als die Infektionszahlen wieder nach oben gingen. Umgehend wurde Schützen, die aus Risikogebieten eingereist waren, der Besuch des Schützenhauses für 14 Tage strikt untersagt. Mit Rücksicht auf die Risikogruppen wurden auch Personen, die sich im Ausland oder einer beliebten Ferienregion im Inland aufgehalten hatten, aufgefordert, die Sportanlage 14 Tagen lang nicht zu betreten.
Die Schützengesellschaft 1925 Nidda hat aktuell rund 340 Mitglieder, der Großteil davon findet sich im Alter von 35 bis 55 Jahren. Coronabedingt wird es einen kleinen Einbruch geben, aber die Mitgliederzahlen sind meist leicht steigend. Die neuen Mitglieder finden den traditionellen Anteil des Schützenwesens zwar interessant, sind aber leider immer weniger daran interessiert, sich eine Schützenuniform zuzulegen, um diese beispielsweise bei Ausmärschen zu tragen. Ehrungen bei Schützenfesten ohne Uniformjacke wäre noch vor 20 Jahren undenkbar gewesen. Zur Not hat man sich schnell eine ausgeliehen. Dieser Spagat zwischen Tradition und Spitzensport ist auch für die SGes Nidda nicht einfach zu bewältigen. Während das Ursprüngliche mehr von den langjährigen Mitgliedern aufrechterhalten wird, steht heute der sportliche Aspekt mehr im Vordergrund bei den Neuaufnahmen. Einen langen Weg haben diese zu bewältigen, bis sie die Vereinswaffe im Training durch eine eigene ersetzen können.
Die Vereine sind sehr darum bemüht, Personen aufzunehmen, die bekannt sind und sich eines guten Leumundes erfreuen. Schnell werden die Sportschützen in der öffentlichen Diskussion um Waffenbesitz nach solchen Vorfällen wie im Februar in Nidda oder schlimmer noch nur wenige Tage danach in Hanau angeprangert. In der Bevölkerung, vor allem aber in den Medien werden dann schnell kontroverse Diskussionen geführt. Der Deutsche Schützenbund schreibt dazu auf seiner Homepage, dass die Infragestellung des erst kürzlich verschärften Waffenrechts ein menschlicher Reflex sei, der aber zu kurz greife. Dabei sind die Straftaten mit legal erworbenen Waffen mehr als gering im Vergleich zu den illegalen Waffen. Die Schützen ärgert es schon mächtig, dass man große Hürden, Zeit und Geld aufwendet, um seinem so besonderen Hobby nachzugehen, während ihrer Meinung nach gegen die Einfuhr von illegal erworbenen Waffen an den offenen Grenzen zu wenig getan wird. Die deutschen Waffengesetze gehören zu den strengsten in der Welt und dennoch müssen Schützen und Vereine ständig neue Auflagen und Verschärfungen erfüllen. Schützenmeister Ralf Kratz ist schon erstaunt, dass bereits zugesicherte Fördermittel kurz nach dem Attentat in Hanau plötzlich negativ beschieden wurden.
Große Freude hingegen herrscht nun bei vielen Schützen mit der Aufnahme des Winterprogramms bei den Rundenwettkämpfen. Dieser Tage wurden zumindest für die Großkaliber-Kurzwaffenschützen und für die Luftdruck-Mannschaften die Rundenwettkampfpläne vom Schützenbezirk 29 online gestellt. Somit kann nun in den kommenden Wochen und Monaten wieder in sportlich fairem Wettkampf unter Einhaltung der Vorschriften gegeneinander angetreten werden.